Jonas Moosmüller1
1 Institute for Technology Assessment and Systems Analysis, Karlsruhe Institute of Technology, Karlsruhe, DE
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ
Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von (generativer) KI sind nicht länger nur Gegenstand der TA. Sie halten selbst zunehmend Einzug in die wissenschaftliche Praxis, wenn es darum geht, Arbeitsschritte zu beschleunigen oder gar zu automatisieren. Um den Umgang mit KI in Forschung und Beratung kritisch zu reflektieren, hat das Netzwerk Technikfolgenabschätzung (NTA) die Arbeitsgruppe ‚Generative KI und TA‘ ins Leben gerufen. Bei einem virtuellen Kick-off im Januar 2025 haben sich die derzeit rund 20 AG-Mitglieder aus Österreich, der Schweiz und Deutschland auf mehrere Vorhaben verständigt. So wollen sie kurz- und mittelfristig auf Basis eines Wissens- und Erfahrungsaustausches und einer Analyse der verfügbaren Werkzeuge empfehlenswerte Anwendungsszenarien identifizieren. Langfristig sollen gemeinsame Perspektiven für konkrete Folgeaktivitäten erarbeitet werden, wie zum Beispiel die Entwicklung von Empfehlungen für den Einsatz von (generativer) KI in der TA. Die Arbeitsgruppe steht allen Interessierten offen. Ansprechpersonen sind Wenzel Mehnert (wenzel.mehnert@ait.ac.at) und Jutta Jahnel (jutta.jahnel@kit.edu).
SOCIAL MEDIA
Einrichtungen für Technikfolgenabschätzung aus dem deutschsprachigen Raum verlassen zunehmend den Kurznachrichtendienst ‚X‘. Rund um den Jahreswechsel haben sowohl das Institut für Technikfolgen-Abschätzung (ITA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften als auch das Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) ihre Accounts stillgelegt. Auch das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) und große NTA-Mitgliedseinrichtungen wie das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie oder Fraunhofer ISI sind nicht mehr auf der Plattform. Das ITA begründet seinen ‚eXit‘ mit einer „Veränderung in Richtung einseitiger politischer Meinungsbildung“ der Social Media Plattform. Die Institutionen sind nun (wie TATuP selbst) unter anderem auf LinkedIn und Bluesky, aber auch auf Mastodon aktiv. Auf letzterem berichten auch das niederländische Rathenau Institut und die schweizerische Stiftung für Technologiefolgen-Abschätzung über ihre Aktivitäten.
AKTIONSTAG
In einer wachsenden Zahl von Reallaboren kommen Akteurinnen und Akteure aus Wissenschaft und Gesellschaft zusammen, um vor Ort einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten. Um diesem transdisziplinären und transformativen Forschungsansatz mehr Sichtbarkeit zu verschaffen, finden vom 30. Juni bis 7. Juli 2025 erstmals in Deutschland die ‚Tage der offenen Reallabore‘ statt. Die bundesweite Aktionswoche soll Interessierten Einblicke in die vielfältige Reallaborarbeit vor Ort ermöglichen. Organisiert wird sie von der Gesellschaft für transdisziplinäre und partizipative Forschung (GTPF) und dem Netzwerk Reallabore der Nachhaltigkeit (NRN). Bis zum 15. April 2025 können sich Reallabore für die Aktionswoche anmelden.
LEHRE
Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) erweitert sein Studienangebot im Bereich Technikfolgenabschätzung. Zum Wintersemester startet der neue Major ‚Technikfolgenabschätzung und Zukunftsgestaltung‘ im Rahmen des B. A.-Studiengangs ‚Liberal Arts and Sciences‘. Der Major vermittelt theoretische und philosophische Grundlagen der TA. In Praxisseminaren und Reallaboren erwerben die Studierenden zudem zentrale Kompetenzen, um technologische Innovationen in Bereichen wie Digitalisierung, Energie oder Mobilität umfassend zu bewerten und den daraus resultierenden gesellschaftlichen Wandel zu verstehen. Der Major kann mit einem von neun Nebenfächern (Minor) kombiniert werden – von Wissenschaftskommunikation über Zeitgeschichte und Medienkultur bis hin zu Europäischer Literatur.
Anne-Floor de Kanter, Manon van Daal und Bertrand Burgers sind mit dem ‚Melanie Petersprijs 2024‘ des niederländischen Rathenau Instituts ausgezeichnet worden. Der Kunstdesigner und die beiden Bioethikerinnen erhielten die Auszeichnung für ‚Intimate Implant‘, eine Serie interaktiver Kunstobjekte, die zur Reflektion über regenerative Implantate anregen sollen. Die Jury des alle zwei Jahre vergebenen Preises würdigte den Beitrag des Projekts zur Diskussion über Technologien, die menschliche Fähigkeiten verbessern.
Bildquelle: Tobias Schwerdt
Kommunikationswissenschaftler an der TU Chemnitz
Was verbindet Sie mit der Technikfolgenabschätzung?
TA ist für mich eng mit Bürger:innenbeteiligung verbunden. Mein Einstieg waren die ‚Bürgerdialoge Zukunftsthemen‘ des BMBF von 2011 bis 2013, die ich mit umgesetzt habe. Und das in einer spannenden Zeit kurz nach den Stuttgart-21-Protesten und dem erneuten Atomausstieg nach Fukushima.
Sie forschen zu Partizipation in der Wissenschaft. Was können Forschende von Bürgerinnen und Bürgern lernen?
Neben dem Offensichtlichen – relevantes Alltags-, Erfahrungs- und Anwendungswissen – wird aus meiner Sicht noch zu wenig geschätzt, dass auch grundsätzliche Inspirationen und hilfreiche Irritationen entstehen können. Die Forschung sollte dabei neben formalisierten Partizipationsprozessen auch die vielen anderen Interaktionen ernster nehmen.
Welche Forschungsfrage aus dem Feld der TA interessiert Sie besonders?
Mich interessiert, wie sich Communities und Paradigmen entwickeln, welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten sich zeigen, z. B. zwischen TA, Foresight, Open Innovation und Wissenschaftskommunikation. Interessant finde ich auch die Spannungen zwischen theoretischen Ansprüchen und forschungspraktischen Realitäten in den Feldern.
Ergebnisse aus der TA sollen idealerweise gesellschaftliche Debatten voranbringen. Wie könnte sich die TA mehr Gehör verschaffen?
Es mag aus meinem Munde erwartbar klingen, aber ich sehe viel Potenzial in der Kollaboration mit anderen Forschungs- und Praxisfeldern wie der Wissenschaftskommunikation. Und ganz konkret eine proaktivere Kommunikation, die auf kurzfristige Bedürfnisse eingeht und dabei wissenschaftlichen, politischen und medialen Logiken gerecht wird.
Welcher Zukunftstechnologie schenken wir zu wenig Beachtung?
Ich denke zum einen an Phagentherapie als Antwort auf Antibiotikaresistenzen. Zum anderen an synthetische und simulierte Daten zum Training von KI-Modellen, die neben wirtschaftlichen und ethischen auch wissenschaftstheoretische Fragen aufwerfen. Da sehe ich viel TA-Bedarf!