Nachhaltige Nutzung von Biomasse als Energieträger

Schwerpunktthema Erneuerbare Energien

Nachhaltige Nutzung von Biomasse als Energieträger

Christine Rösch, ITAS

Die EU-Mitgliedsstaaten haben sich verpflichtet, während der nächsten zehn Jahre Ziele für den künftigen Inlandsverbrauch von Energie aus regenerativen Energieträgern festzulegen und jährlich zu erfüllen. Maßstab für die Zielsetzung sind das Weißbuch der EU-Kommission [1] und die Kyotoverpflichtungen (EU-Kommission 2000a). Die nachfolgenden Ausführungen zeigen, dass die Biomasse über große technische Entwicklungspotenziale verfügt und wesentliche Beiträge zur Erreichung dieses ambitionierten Zieles leisten kann, ohne dabei andere Nachhaltigkeitsanforderungen zu verletzen. Einer raschen weitergehenden Erschließung dieses Potenzials stehen im Allgemeinen weniger technische und ökologische als vielmehr ökonomische Hemmnisse entgegen.

Stand der Biomassenutzung in der EU und in Deutschland

Der Beitrag der Biomasse [2] zur Deckung des EU-Energieverbrauchs umfasste 1998 etwa 3 % (EU-Kommission 2000b). Deutlich über diesem EU-Durchschnitt liegt ihr Anteil in Österreich (12 %), Schweden (18 %) und in Finnland (23 %). Beim überwiegenden Teil der energetisch genutzten Biomasse handelt es sich um Schwachholz und Waldrestholz aus der Forstwirtschaft, Industrierestholz aus der Holzwirtschaft und Altholz.

Die Biomasse leistet damit gegenwärtig den größten Beitrag zur Bereitstellung erneuerbarer Energie in der EU. Sie stellt rd. 64 % der Primärenergie aus regenerativen Energien (das entspricht 54,18 Mio. t Rohöleinheiten - RÖE [3] ). Und ihre Bedeutung nimmt weiter zu: Im Zeitraum 1995 bis 1998 ist die Bereitstellung von Primärenergie durch Biomasse in der EU um 13,5 % gewachsen; in einzelnen Mitgliedsstaaten lag dieser Zuwachs deutlich darüber (z. B. 75 % in Deutschland und 94 % in Italien).

In Deutschland trägt die Biomasse derzeit nur zu etwa rd. 1 % - bezogen auf den fossilen Primärenergieeinsatz in Höhe von 14,3 EJ im Jahr 1998 - zur Deckung der Energienachfrage bei (Nitsch et al. 2001). Es handelt sich dabei überwiegend um Schwachholz, Waldrestholz, Industrierestholz und Altholz. Der wichtigste flüssige Bioenergieträger ist Rapsöl und daraus hergestellter Rapsölmethylester (so genannter Biodiesel) mit einem Anteil von 0,8 % am Dieselinlandsverbrauch. Biogas aus der Vergärung von Gülle und Mist wird in insgesamt rd. 1.000 Anlagen erzeugt und in Blockheizkraftwerken (BHKW) mit einer elektrischen Nennleistung von rd. 50 MWelzu Strom und Wärme umgewandelt.

Perspektiven einer weitergehenden Biomassenutzung in der EU und in Deutschland

Nach Einschätzung der EU-Kommission (2000a) ist eine Erhöhung der energetischen Nutzung von Biomasse von gegenwärtig rd. 54 Mio. t RÖE auf ca. 135 Mio. t RÖE bis zum Jahre 2010 (dies entspricht 8,5 % des für 2010 prognostizierten Gesamtenergieverbrauchs) möglich, setzt aber voraus, dass wirksame Maßnahmen zur Implementierung eingeleitet werden. Der geschätzte Zuwachs von rd. 80 Mio. t RÖE stammt aus land- und forstwirtschaftlichen Rest- und Abfallstoffen (z. B. Stroh), Abfällen der Holzindustrie, aus biogenen Siedlungs- und Gewerbeabfällen und dem Anbau von Energiepflanzen. Schätzungen gehen davon aus, dass das erschließbare Potenzial von Deponiegasen und gärfähigen landwirtschaftlichen Abfällen in der EU über rd. 80 Mio. t RÖE beträgt (EU-Kommission 2000a). Durch Verwertung von Gülle aus der Tierhaltung, Abwässern aus der Nahrungsmittelindustrie und Deponiegasen könnten in der EU bis zum Jahr 2010 jährlich 15 Mio. t RÖE gewonnen werden (EU-Kommission 2000c).

Bei den biogenen Festbrennstoffen besteht ein großes, bisher ungenutztes Potenzial bei Holz und halmgutartigen landwirtschaftlichen Abfällen, das über 150 Mio. t RÖE pro Jahr liegt. Schätzungen gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2010 jährlich 30 Mio. t RÖE zur Wärme-, Strom- und Prozessenergieversorgung nutzbar gemacht werden können (EU-Kommission 2000c). Durch den Anbau von Energiepflanzen zur Erzeugung biogener Festbrennstoffe könnten zusätzlich etwa 27 Mio. t RÖE bereitgestellt werden. Ausgehend von Erträgen von rd. 10 t/ha und Jahr würde hierfür eine Anbaufläche von 6,3 Mio. ha [4] benötigt.

Das bis zum Jahr 2010 nutzbare Gesamtvolumen an biogenen Festbrennstoffen beträgt nach diesen Schätzungen somit insgesamt ca. 57 Mio. t RÖE. Es wird unterstellt, dass davon 25 Mio. t RÖE in den Markt für Fernwärme und industrielle Prozesswärme gehen und rd. 32 Mio. t RÖE zur Stromerzeugung (davon 6 Mio. t RÖE über die Mitverbrennung in Kohlekraftwerken und 26 Mio. t RÖE in Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung) genutzt werden (EU-Kommission 2000d).

In Deutschland könnte die Biomasse, respektive die festen biogenen Brennstoffe, aus heutiger Sicht schätzungsweise bis zu ca. 22 Mio. t RÖE zur Energieversorgung beitragen, ohne dass ökologische Nachhaltigkeitsaspekte wesentlich verletzt würden (Nitsch et al. 2001). Dieses Potenzial wird bislang kaum ausgeschöpft. Die wichtigsten noch weitgehend ungenutzten heimischen Bioenergieträger sind Schwach- und Waldrestholz, Stroh, tierische Exkremente (Gülle) und auf Stilllegungsflächen angebaute Energiepflanzen.

Biomasse als wichtiger Wärmeproduzent

Der gegenwärtig wichtigste Energieabnehmer für Biomasse in der EU ist der Markt für Niedertemperaturwärme. Der größte Anteil der Biomasse entfällt dabei auf die häusliche Raumheizung. Mehr als 85 % aller Wohnungen in der EU werden durch Einzelhaussysteme beheizt, länderabhängig herrschen Öl-, Erdgas- oder Elektroheizungen vor. Nur in ländlichen Regionen von Ländern, in denen die Forstwirtschaft traditionell eine Rolle spielt, ist die Beheizung der Häuser mit Holz das bevorzugte Heizsystem. Insgesamt wurden 1998 in den Privathaushalten der EU ca. 25,6 Mio. t RÖE aus Holz zur Wärmebereitstellung verbraucht (EU-Kommission 2001). Konventionelle Arten von Brennholz (Scheitholz) sind dabei nach wie vor von Bedeutung. Die Nutzung bequem zu handhabender, qualitativ hochwertiger, standardisierter Biobrennstoffe mit hoher Energiedichte (z. B. Holzpellets) nimmt jedoch rasch zu.

Biomassebefeuerte Nah- und Fernwärme ist nur in denjenigen EU-Ländern stärker verbreitet, in denen entsprechende Fördersysteme zur Finanzierung der hohen Investitionskosten für die Wärmeverteilungsnetze bestehen und die klimatischen Bedingungen für die Nah- und Fernwärmeheizung sprechen (Österreich, Dänemark, Finnland, Schweden). In Schweden ist die Nachfrage nach Biomasse inzwischen auf 50 % des Marktes für Fernheizkraft angestiegen (Palz 2000).

In Deutschland hat die Wärmeerzeugung aus Biomasse im Wettbewerb mit Erdgas- oder Heizölkesseln einen schweren Stand. Im Jahr 1997 wurden in den Holzfeuerungsanlagen rd. 13.410 GWh Wärme erzeugt (Ruchser 2000). An den derzeit zur Wärmebereitstellung genutzten biogenen Festbrennstoffen haben die Kleinstfeuerungsanlagen [5] einen Anteil von rd. 34 %, die Kleinfeuerungen von 51 % und die Großanlagen von 15 % (Kaltschmitt et al. 2001).

Für eine wirtschaftliche Biomassenutzung zur dezentralen Wärmeerzeugung bietet die Wärmebedarfsstruktur der bestehenden Nah- und Fernwärmenetze in Deutschland nur wenige wirklich interessante Standorte mit einer geeigneten Größe und einer hohen Zahl an Volllaststunden. Für einen umfangreichen Ausbau von Nah- und Fernwärmenetzen fehlen hierzulande die Voraussetzungen und Anreize.

Effiziente Wege zur Stromerzeugung aus Biomasse

Zur Stromerzeugung aus Biomasse können im Prinzip verschiedene Techniken und Verfahren eingesetzt werden. Technisch bewährt ist nur die Biomasseverbrennung mit nachgeschaltetem konventionellen Dampfkraftprozess, in dem die Stromerzeugung in einem Dampfmotor oder in einer Dampfturbine erfolgt. Mit derartigen Verfahren lassen sich jedoch nur vergleichsweise niedrige elektrische Wirkungsgrade von 15 bis über 20 % erzielen. Deutlich höhere Stromwirkungsgrade von etwa 22 bis 37 % sind bei einer Vergasung von Biomasse und der Gasnutzung in Gasmotoren oder Gasturbinen zu erwarten. Noch höhere elektrische Wirkungsgrade von 25 bis 45 % können bei einer Gasnutzung in Brennstoffzellen auch in kleinen Einheiten und im Teillastbetrieb erreicht werden.

Trotz der beachtlichen technischen Fortschritte auf dem Gebiet der Biomassevergasung (Festbett- und Wirbelschichtvergasung) befindet sich die technische Entwicklung der Stromerzeugung über die Biomassevergasung nach wie vor im Entwicklungs- und Demonstrationsstadium. Zurzeit bestehen sowohl technische als auch wirtschaftliche Restriktionen bei der Nutzung des im Vergasungsprozess gewonnenen Rohgases zur Stromgewinnung. Dies gilt insbesondere auch für die Anwendung zuverlässiger Gasreinigungssysteme [6] und für fortschrittliche Techniken der Gasverwendung zur Stromerzeugung, beispielsweise über Gasturbinen und die Gasnutzung in Brennstoffzellen.

In Europa sind zurzeit insgesamt über 8 GWel Biomasse-Stromerzeugungskapazitäten installiert. In Deutschland wurden 1999 in etwa 1.100 Anlagen aus gasförmigen, festen und flüssigen Biobrennstoffen rd. 1,2 TWh Strom erzeugt (Wagner 2000). Dies entspricht ca. 0,2 % des gesamten inländischen Stromverbrauchs. Aus festen Biobrennstoffen stammen hierbei rd. 21 %. Beim größten Teil der installierten Anlagen handelt es sich um Biogasanlagen.

Die Aufnahmefähigkeit der Hochspannungsnetze für Strom aus Biomasse ist im Hinblick auf die möglichen Biomassepotenziale in der EU und in Deutschland groß genug. Die Einspeisung ist aufgrund der guten Lagerbarkeit der Biobrennstoffe über das ganze Jahr möglich, und es mangelt auch nicht an ländlichen Standorten in der Nähe von Hochspannungsleitungen.

Kosten von Bioenergie variieren sehr stark

Biomassekraftwerke im MWel-Bereich erfordern hohe spezifische Anfangsinvestitionen. Daraus ergibt sich für den Betreiber die Notwendigkeit, für einen wirtschaftlichen Betrieb eine möglichst maximale Jahresnutzung zu erreichen. Wenn es die technische Verfügbarkeit erlaubt, sollten Biomassekraftwerke im stromgeführten Grundlastbetrieb eingesetzt werden.

Die Stromgestehungskosten bei der Biomasseverbrennung liegen zwischen rd. 120 und 140 DM/MWhelbei Brennstoffkosten von 100 DM/t (Nitsch et al. 2001). Im Falle der Biomassevergasung entstehen deutlich höhere Stromerzeugungskosten zwischen rd. 140 (33 MWel) und 230 DM/MWhel(7 MWel), auch wenn, wie in diesem Fall geschehen, qualitativ minderwertige Brennstoffe zum günstigen Preis von rd. 50 DM/t zum Einsatz kommen. Die Biomassemitverbrennung in bestehenden Kohlekraftwerken führt dagegen zu niedrigeren Stromgestehungskosten zwischen rd. 80 und 100 DM/MWhelbei Brennstoffkosten von 100 DM/t. Dennoch ist die Biomassemitverbrennung in Deutschland nur attraktiv, wenn der Biobrennstoff Entsorgungsentgelte mit sich bringt, wie im Falle der Klärschlamm- oder Altholzmitverbrennung. Dies liegt u. a. daran, dass die Biomassemitverbrennung nicht zu den durch das EEG geförderten Techniken der Stromerzeugung aus Biomasse gehört. Die Kosten der Stromgestehung über den Weg der Biogaserzeugung aus Gülle und Co-Substraten liegen, je nach Anlagengröße und Anteil an Co-Substraten, zwischen rd. 80 und 160 DM/MWhel(Nitsch et al. 2001).

Der Bereitstellungspreis von Biodiesel (die direkte Nutzung von Rapsöl als Kraftstoff ist vernachlässigbar gering) ist mit 0,65 bis 0,95 DM/l fast doppelt so hoch wie der Preis für Dieselkraftstoff (rd. 0,44 DM/l). Nur durch den vollständigen, zeit- und mengenmäßig unbefristeten staatlichen Verzicht auf die Mineralöl- und Ökosteuer wird es in Deutschland möglich, dass der Tankstellenabgabepreis von Biodiesel unter dem von Mineralöldiesel liegt. Die Kostensenkungspotenziale der Biokraftstofferzeugung sind unter Berücksichtigung produktions- und verfahrenstechnischer Fortschritte und auch im Falle einer verstärkten Herstellung von Biodiesel aus preiswerten biogenen Altölen und -fetten gering. Rapsöl, Biodiesel und andere Biokraftstoffe aus Pflanzen werden deshalb auf absehbare Zeit auf staatliche Fördermaßnahmen, beispielsweise in Form verringerter Mineralölsteuersätze, angewiesen sein, wenn sich das Preisniveau für fossiles Rohöl nicht deutlich und dauerhaft nach oben bewegt.

Ökologische Nachhaltigkeit

Art, Herkunft und Zusammensetzung der Biobrennstoffe bestimmen die umweltrelevanten Kenngrößen. Wie groß ihr Beitrag zur Substitution nicht-erneuerbarer Energieressourcen und zur Verringerung der anthropogen freigesetzten klimarelevanten Gase ist und welche weiteren ökologischen Vorteile mit der energetischen Nutzung von Biomasse verbunden sind, hängt aber auch von der Prozesskette und der eingesetzten Technik ab.

Die energetische Nutzung von Biomasse kann als nachhaltig bezeichnet werden, wenn die Nutzungsrate deren Erneuerungsrate nicht überschreitet. In Deutschland ist diese Anforderung mehr als erfüllt (im Vergleich zu manchen Entwicklungsländern), da wir über hervorragende natürliche Bedingungen für eine hohe Biomasseproduktivität verfügen. Bewässerung findet beispielsweise nur auf 3 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche statt (UN 2001).

Die Biomassebereitstellung (Anbau, Ernte und Transport) ist mit verschiedenen kulturartspezifischen Auswirkungen hinsichtlich der Nutzung erneuerbarer Ressourcen (Boden, Wasser, Artenvielfalt) und nicht erneuerbarer Ressourcen (fossile Energieträger, Phosphat) und der Beanspruchung der Umwelt als Senke (hier v. a. klimarelevante CO2-, CH4- und N2O-Emissionen) verbunden. Nachfolgend werden anhand der Flächeninanspruchnahme sowie des Stickstoff- und Pflanzenschutzmittelbedarfs die pflanzenart-spezifischen Unterschiede aufgezeigt.

Flächeninanspruchnahme und Betriebsmittelbedarf

Im Rahmen des Flächenstilllegungsprogramms (Basis-Stilllegungsrate: 10 %) werden jährlich aktuell in der EU mehr als 6 Millionen Hektar und in Deutschland rd. 1,2 Millionen Hektar aus der Nahrungsmittelproduktion genommen. Dieses Flächenpotenzial ließe sich noch stärker als bisher für den Anbau nachwachsender Energieträger nutzen. Die Flächeneffizienz des Anbaus von Energiepflanzen lässt sich anhand des pflanzenartspezifischen Flächenbedarfs (in m2) je erzeugter Brennstoffeinheit (GJ) vergleichen (Tab. 1).

Tab. 1: Spezifischer Flächenbedarf von Energiepflanzen

Pflanzenart Ertrag
(t/ha)
Fläche
(m2/GJ)
Pappel-Kurzumtrieb 12 50
Miscanthus 14 42
Ganzpflanzengetreide 12 53
Rapskörner und -stroh 1) 6,5 91
Zuckerrüben (16 % Zuckergehalt 2)) 50 325

1)     Stroh u. Extraktionsschrot energetisch bewertet.
2)     Ohne Trocknung, ohne Biogas aus Schlempe.

Der spezifische Flächenbedarf ist bei den biogenen Festbrennstoffen Pappelholz aus Kurzumtriebsplantagen, Miscanthus und Ganzpflanzengetreide am geringsten (Tab. 1). Kraftstoff-Pflanzenarten (Raps, Zuckerrüben) haben deutlich ungünstigere Werte. Der Anbau von Zuckerrüben zur Ethanolerzeugung stellt die ineffizienteste Art der Flächennutzung dar.

Der Bedarf an mineralischem Düngerstickstoff ist von besonderer ökologischer Relevanz, weil er zum einen eng mit dem Verbrauch an nicht-erneuerbaren Energieträgern korreliert ist und zum anderen eine potenzielle Verunreinigungsquelle für Grundwasser und Oberflächengewässer darstellt. Stickstoffüberschüsse landwirtschaftlicher Böden und ungünstige Bedingungen bei der Ausbringung von Wirtschaftsdüngern bewirken Nitrateinträge ins Grundwasser. In einigen Regionen wird der Trinkwassergrenzwert von 50 mg NO3/l regelmäßig überschritten. Um das EU-Qualitätsziel von 25 mg NO3/l im Grundwasser einzuhalten, dürfte der Stickstoff-Bilanz-Überschuss max. 14 kg N/ha betragen (UBA 2001). Trotz eines starken Rückgangs des Stickstoffdüngereinsatzes beträgt dieser zurzeit noch im Schnitt rd. 110 kg N/ha (Bach u. Frede 1998).

Der spezifische Nährstoffentzug bezogen auf die Brennstoffeinheit (GJ) lässt eine vergleichende Betrachtung des Stickstoffbedarfs und der damit verbundenen potenziellen Umweltgefährdungen zu (Tab. 2).

Tab. 2: Spezifischer Stickstoffentzug von Energiepflanzen

Pflanzenart Ertrag
(t/ha)
Bruttoenergieertrag
(GJ/ha)
Spezif. N-Entzug
(kg/GJ)
Pappel-Kurzumtrieb 12 206 0,16
Miscanthus 14 244 0,29
Getreideganzpflanze 12 205 0,82
Getreidestroh 5 85 0,29
Rapskörner und -stroh 6,5 137 1,04
Rapsstroh 3,5 60 0,47
Zuckerrüben 50 91 0,98

Es zeigt sich, dass die Dauerkulturen (Pappeln im Kurzumtrieb, Miscanthus) und Getreidestroh deutlich günstiger abschneiden als die anderen betrachteten Pflanzenarten. Neben dem geringeren Düngungsniveau ist bei den Dauerkulturen auch eine gute Ausnutzung des Stickstoffs durch eine relativ lange Vegetationsperiode gegeben.

Das Umweltgefährdungspotenzial durch die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln ist beim Anbau von Energiegetreide (98 zugelassene Wirkstoffe) und Energieraps (47 zugelassene Wirkstoffe) relativ groß (DBV 2001). Ein Energiepflanzenanbau ohne Pflanzenschutzmittel wäre möglich, aber mit geringeren Biomasseerträgen verbunden. Ohne Pflanzenschutz kann der Ertragsverlust bei Weizen beispielsweise bis zu 50 Prozent betragen (DBV 2001). Im Vergleich zur Nahrungsmittelproduktion ist jedoch mit einem tendenziell geringeren Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln zu rechnen, da zwar der Ertrag, nicht aber die Qualität (z. B. hoher Eiweißgehalt), eine einkommensrelevante Rolle spielt. Für Miscanthus und schnellwachsende Baumarten kann wegen der geringen Wirkstoffaufwendungen (nur Herbizidanwendungen im 1. und 2. Jahr) von einem sehr kleinen Risiko ausgegangen werden.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass biogene Festbrennstoffe eine vorteilhaftere Bilanz bei der Flächeninanspruchnahme und beim Dünge- und Pflanzenschutzmittelaufwand aufweisen als Energiepflanzen zur Kraftstoffproduktion. Im Kurzumtrieb erzeugtes Pappelholz und Miscanthus zeigen die jeweils günstigsten Ergebnisse. Trotz dieser Vorteile spielt der Anbau von schnellwachsenden Baumarten, Miscanthus und anderen biogenen Festbrennstoff-Energiepflanzen bislang kaum eine Rolle.

Der Anbau von Raps zur Erzeugung von Biodiesel konnte sich - trotz der im Vergleich zu biogenen Festbrennstoffpflanzen ungünstigeren ökologischen Kenngrößen - dagegen in der Praxis etablieren. Zur Ernte 2000 wurde auf einer Stilllegungsfläche von rd. 340.000 ha Raps angebaut. Die inländische Anlagenkapazität zur Umesterung von Rapsöl in Biodiesel umfaßt ca. 247.000 t/a. Weitere Anlagen befinden sich in der Bauphase, so dass sich bis 2002 die Biodiesel-Produktionskapazität in Deutschland fast verdreifachen wird (entspricht 807.000 t/a) gegenüber dem Jahr 2000 (UFOP 2001). Biodiesel wird bundesweit mittlerweile an mehr als 1.000 Tankstellen angeboten. Der Jahresumsatz an Biodiesel stieg im Jahr 2000 auf etwa 300.000 Tonnen. Dies entspricht einem Flächenäquivalent von rd. 260.000 Hektar. In den nächsten Jahren könnte diese Menge auf etwa 500.000 Tonnen ansteigen, was knapp 2 % des deutschen Dieselkraftstoffverbrauchs (27,5 Millionen Tonnen) entspricht (DBV 2001).

Lagerung und thermische Umwandlung des Biobrennstoffs

Umweltrelevante Risiken bei der Lagerung können sich vor allem durch die Bildung von gesundheitsschädlichen Pilzsporen und Mycotoxinen sowie durch Selbstentzündung bzw. die Brandgefahr, die von den Biobrennstoffen ausgeht, ergeben. Durch entsprechende Sicherheits- und Vorsichtsmaßnahmen lassen sich diese Gefährdungen jedoch nahezu ausschließen.

Bei der thermochemischen Umwandlung von biogenen Festbrennstoffen in Wärme und Strom sinken der Brennstoffverbrauch und die Emissionen pro erzeugter Energieeinheit mit steigendem Wirkungsgrad. Die umweltrelevanten Kenngrößen hängen darüber hinaus davon ab, ob die Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung betrieben werden. Wird die als Nebenprodukt anfallende Wärme nicht genutzt, werden die gesamten Emissionen ausschließlich der Stromerzeugung angelastet. Bei einer Nutzung der Wärme verteilen sich dagegen die Emissionen auf die bereitgestellte elektrische und thermische Energie.

Die wichtigsten umweltrelevanten Aspekte bei der Biomasseverbrennung sind die Emissionen an Schwefeldioxid (SO2), Stickstoffoxiden (NOx) und Staubpartikeln. Diese werden maßgeblich vom Gehalt an Schwefel, Stickstoff, Halogenen [7] und Asche in der Biomasse beeinflusst. Einige Biobrennstoffe enthalten so hohe Stickstoffkonzentrationen, dass die erzeugte Menge an Ammonium und potenziellen NOx-Vorläufern ein unerwünscht hohes Niveau erreichen kann. Die Abgaszusammensetzung vor der Abgasreinigung schwankt sehr stark und liegt im Falle der Partikel deutlich über den Emissionsgrenzwerten der TA Luft. Mit einer Staubabscheidung (z. B. Multizyklon) lassen sich die Staubemissionen deutlich reduzieren. Die gute Marktentwicklung bei Biomassefeuerungen wurde nicht zuletzt durch Fortschritte in der Abgasreinigung und deutlich verbesserte Verbrennungsprozesse erreicht, die europäische Umweltnormen einhalten können.

Ascheverwertung und Nährstoffrecycling

Bei der Verbrennung von Biomasse fallen je nach Brennstoff und Verunreinigungsanteil zwischen 0,5 (Weichholz) und 5 bis 8 Gew.-% (Rinde) der Trockensubstanz des Brennstoffs als Asche an. Die Asche enthält größtenteils die Pflanzennährstoffe Calcium, Kalium, Magnesium und Phosphor, aber wenig Stickstoff und Schwefel.

Das Ausbringen der in der Asche gebundenen Nährstoffe auf forst- und landwirtschaftliche Flächen ist aus Sicht der Nachhaltigkeit erstrebenswert. Umfangreiche Untersuchungen zu den Schadstoffgehalten und dem Auslaugverhalten von Aschen aus Biomassefeuerungen haben gezeigt, dass die Qualitäten von Feuerraumaschen und einiger Zyklonaschen aus der Verbrennung naturbelassener Biobrennstoffe geeignet sind, eine schadlose Verwertung zu gewährleisten [8] . Allerdings erschweren zurzeit ordnungsrechtliche Rahmenbedingungen das Ausbringen von Aschen zu Düngezwecken.

Die anfallenden Bioaschen werden häufig für Rekultivierungsmaßnahmen oder zur Verfüllung von Untertagebauwerken verwendet bzw. deponiert. Die zunehmende Sensibilisierung der Bevölkerung gegenüber der landwirtschaftlichen Verwertung von schadstoffhaltigen Rest- und Abfallstoffen (Klärschlämmen, Biokomposten) und aktuelle Bestrebungen der Agrar- und Umweltminister von Bund und Ländern zur Verschärfung der Anforderungen an den maximal zulässigen Schadstoffgehalt bei der landwirtschaftlichen Verwertung von Klärschlämmen (Bundesrat 2001) stellen bedeutende nicht-technische Hemmnisse einer zukünftig weitergehenden pflanzenbaulichen Ascheverwertung dar.

Auswirkungen auf die Beschäftigung

Die Bereitstellung biogener Festbrennstoffe und die Erzeugung von Biokraftstoffen ist arbeitsintensiv und führt zur Schaffung von Nettoarbeitsplätzen. Die zusätzliche Nutzung von einer Million Kubikmeter Holz würde beispielsweise zu 1.800 neuen Arbeitsplätzen führen (Rapp 2000). Die anvisierte Erhöhung des Biomasseanteils an der Energieversorgung der EU auf ca. 135 Mio. t RÖE würde insgesamt schätzungsweise 1,12 Mio. neue Arbeitsplätze schaffen (in Anlehnung an Eurosolar 2001).

Die Bioenergie bietet neue, vielfältige Beschäftigungsmöglichkeiten insbesondere für strukturschwache ländliche Räume mit großen Biomasse-Produktionskapazitäten. Für die Landwirte ergeben sich durch den Anbau von Energiepflanzen, die Konditionierung, Lagerung und den Transport von Biobrennstoffen sowie die Verwertung der Aschen neue Perspektiven, ein zusätzliches Einkommen zu erwirtschaften.

Fazit und Ausblick

Als Fazit lässt sich festhalten, dass die Biomasse einen wesentlichen Beitrag für eine nachhaltige Versorgung mit Wärme, Prozessenergie und Elektrizität leisten kann. Die Abschätzungen zeigen, dass insbesondere das Potenzial aus dem Energiepflanzenanbau jedoch mit großen Unsicherheiten behaftet ist, da der Energiepflanzenanbau in starkem Maße von den agrarpolitischen Rahmenbedingungen abhängig ist. Die ökologische Verträglichkeit der energetischen Nutzung von Biomasse im Sinne der Nachhaltigkeit und ihre hohe Beschäftigungswirksamkeit sind weitestgehend gewährleistet und anerkannt. Die Ausschöpfung der großen heimischen, europäischen und weltweiten Biomassepotenziale und die Realisierung relevanter Bioenergieanteile an der Energieversorgung bedürfen allerdings noch der technologischen Entwicklung. Diese Entwicklung wird sich voraussichtlich über mehrere Jahrzehnte erstrecken. Dabei werden neue, den Spezifika der Biomasse (geringe Energiedichte und entsprechend hohe Transportvolumina) angepasste Versorgungsstrukturen entstehen, die sich durch dezentrale Erzeugung auszeichnen. Die wesentlichen Restriktionen, die einer weitergehenden Nutzung der Biomasse zurzeit entgegen stehen, sind im Allgemeinen jedoch weniger technischer als vielmehr ökonomischer Natur.

Anmerkungen 

[1] Verdoppelung des Anteils regenerativer Energien im europäischen Durchschnitt von 6 % (1998) auf 12 % am Bruttoenergieverbrauch im Jahr 2010.

[2] Biomasse sind Energieträger aus Phyto- und Zoomasse und daraus resultierende Folge- und Nebenprodukte, Rückstände und Abfälle aus der Land-, Forst- und Fischwirtschaft. Bioenergieträger können unterschieden werden in biogene Festbrennstoffe (Holz, Stroh usw.), flüssige Bioenergieträger (Biodiesel aus Rapssaat, Ethanol aus Zuckerrüben) und gasförmige Energieträger (Biogas aus Gülle).

[3] Zum Vergleich: Die EU hatte im Jahr 1998 einen Energieverbrauch von 1.436 Mio. Mg RÖE; 1 kg RÖE (Rohöleinheit) = 41.868 kJ = 11,63 kWh = 0,0074 barrel = 1,319 m3 Erdgas

[4] Zum Vergleich: Im Jahr 1997 gab es in der EU rd. 129 Mio. ha landwirtschaftlich genutzte Flächen, davon 75 Mio. ha Ackerflächen (Goessler 2001).

[5] Die Zahl der holzgefeuerten Kleinstfeuerungsanlagen unter 15 kWth (Kachelöfen, Kaminöfen und offene Kamine) wird auf rd. 7 Mio. Stück, die Zahl der Biomassekleinfeuerungen im Leistungsbereich 15 kWth bis 1 MWth auf 200.000 bis 400.000 Anlagen und die Zahl der Biomasseheizkraftwerke mit Rost- oder Wirbelschichtfeuerung (über 1 MWth) auf 900 bis 1.200 Anlagen geschätzt (Kaltschmitt 2001).

[6] Das erzeugte Produktgas enthält Teerverbindungen, die bei der rein thermischen Nutzung des Gases wenig problematisch sind. Vor einer Nutzung in Motoren oder Turbinen müssen sie jedoch entfernt bzw. aufgespalten (gecrackt) werden, um einen übermäßigen Verschleiß der Anlagen oder ein Verkleben von Pumpen und Armaturen zu vermeiden.

[7] Der Halogengehalt der Biobrennstoffe hängt mit den Aufwuchsbedingungen zusammen. Stroh besitzt deutlich höhere Chlorgehalte, wenn das Getreide mit Kaliumchlorid (anstelle von Kaliumsulfat) gedüngt wurde.

[8] Im Vergleich zu den Schadstoffgrenzwerten der novellierten Klärschlammverordnung sind die Schwermetallfrachten von Feuerraumaschen aus Biomassefeuerungsanlagen als relativ niedrig zu bezeichnen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn naturbelassene Biomassen verbrannt werden.

Literatur

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Kontakt

Dr. Christine Rösch
Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS)
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Karlstr. 11, 76133 Karlsruhe
Tel.: +49 721 608-22704
E-Mail: christine roesch∂kit edu