IAB-Studie: Beschäftigung im Umweltschutzsektor in Deutschland

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Beschäftigung im Umweltschutzsektor in Deutschland

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Aktuelle Ergebnisse auf der Basis des IAB-Betriebspanels

von Jens Horbach, Hochschule Anhalt (FH), Bernburg; Lutz Bellmann und Uwe Blien, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Nürnberg und Michael von Hauff, Universität Kaiserslautern

Der Umweltschutzsektor gilt wegen seiner überdurchschnittlich hohen Wachstumsraten schon seit geraumer Zeit als wichtiger Impulsgeber für die Beschäftigung. Bei der empirischen Erfassung dieses Bereichs bestehen allerdings bis heute erhebliche methodische Probleme. Außerdem waren die bisher verfügbaren Daten unzureichend. Dieses Forschungsdefizit wird durch eine neue Erfassungsmethodik verringert, die das Betriebspanel des IAB verwendet.
Die Befunde lassen zumindest indirekt darauf schließen, dass im Umweltschutzbereich vorhandene Wachstumsimpulse sich auch mit höherer Beschäftigung verbinden. Zum einen ist die Qualifikationsstruktur höher als in anderen Betrieben. Dies deutet auf ein verschärftes Tempo des technischen Fortschritts hin. Zum anderen lassen die an verschiedenen Stellen überdurchschnittlich häufig geäußerten Erwartungen eines Fachkräftemangels und eher steigender Beschäftigung auf eine positive Personalentwicklung schließen.

Neue Methodik

In den meisten verfügbaren Studien wurde der Umweltschutzsektor analysiert, indem Firmen befragt wurden, die in Anbieterverzeichnissen für Umweltschutztechnik bzw. -dienstleistungen enthalten sind. Angesichts der ökonomischen und ökologischen Bedeutung des integrierten Umweltschutzes (vgl. Kasten) wird der Umweltschutzsektor jedoch zunehmend zu einem Querschnittsbereich. Er erfasst auch Betriebe, die wegen eines nur unbedeutenden Beitrages zum Umweltschutz nicht angeben würden, auf diesem Markt tätig zu sein. Beim Einsatz des integrierten Umweltschutzes sind zunehmend auch die Anwender von Umweltschutztechnik selbst bei der (Weiter-) Entwicklung dieser Anlagen und Verfahren beteiligt.

Dem integrierten Umweltschutz entsprechen Produktionsverfahren, die zur Umweltentlastung beitragen, ohne nachträgliche Vermeidungs-, Beseitigungs- oder Verminderungsmaßnahmen notwendig zu machen. Sie setzen am Anfang des Produktionsprozesses an und verringern beispielsweise den Ressourcenverbrauch oder die Schadstoffentstehung.

Das Betriebspanel des IAB stellt eine repräsentative Stichprobe aller deutschen Betriebe mit sozialversicherungspflichtig Beschäftigten dar und bietet damit neue Möglichkeiten der Analyse des Umweltschutzmarktes und auch der Beschäftigung im Umweltschutzsektor, da für die Welle von 1999 erstmals Fragen zur Produktion von Umwelttechnik und Umweltdienstleistungen aufgenommen wurden.

Beschäftigte im Umweltschutzsektor

Am Stichtag 30.06.1999 waren im Umweltschutzsektor hochgerechnet 912.685 Personen beschäftigt, darunter 788.276 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Dieses Ergebnis entspricht in der Größenordnung den Ergebnissen der vier Institute DIW/ifo/IWH/RWI aus dem Jahre 1994, die seinerzeit knapp eine Million Beschäftigte im Umweltschutz berechnet haben. Allerdings sind die hier ermittelten Ergebnisse mit der Studie der vier Institute nur sehr bedingt vergleichbar, da unterschiedliche methodische Ansätze zugrunde liegen. Daher kann man auch nicht von einer Stagnation ausgehen.

Eine Aufgliederung nach Umweltschutzbereichen verdeutlicht die große Bedeutung der Abfallentsorgung bzw. des Recyclings, da auf diesen "Entsorgungssektor" über 27 Prozent der Beschäftigung in allen Umweltschutzbereichen entfällt (vgl. Abb. 1). Daneben stellen der Gewässerschutz bzw. Abwasserbehandlung, die Luftreinhaltung bzw. Klimaschutz die wichtigsten Umweltschutzbereiche dar. Aufgrund der wesentlich besseren Erfassung der Dienstleistungen hat allerdings der Bereich Abfallwirtschaft im Vergleich zu früheren Untersuchungen ein deutlich höheres Gewicht. Die "sonstigen Umweltschutzbereiche", die einen Beschäftigtenanteil von knapp 19 Prozent aufweisen, erfassen im Wesentlichen Umweltschutzprodukte und -dienstleistungen, die nicht eindeutig den übrigen genannten Umweltschutzbereichen zugeordnet werden konnten. Hierbei handelt es sich beispielsweise um integrierten Umweltschutz wie "umweltfreundliche Energietechnik", "umweltgerechte Reinigung", "Regenwassernutzung" usw..

Eine Aufteilung der Beschäftigten im Umweltschutz nach Branchen zeigt den Querschnittscharakter dieses Wirtschaftszweiges. Im Bereich der Umweltschutzdienstleistungen weist der Bereich Architektur und Labors mit 13,6 Prozent einen hohen Anteil auf. Die Beschäftigten dieser Branche sind überwiegend in der Analytik und Beratung sowie der Umweltforschung und -entwicklung tätig. Wichtige Branchen sind außerdem mit über 10 vH der Lüftungs- und Wärmeanlagenbau bzw. Maschinenbau. Die mit 3 Prozent vertretene Branche Elektrotechnik produziert für den Umweltbereich überwiegend Mess-, Analyse- und Regeltechnik.

Dynamik des Umweltschutzsektors

Angesichts der erwarteten Relevanz der Umweltschutzbereiche als beschäftigungspolitischer Impulsgeber ist es wichtig zu wissen, wie sich die Produktion von Umwelttechnik und Umweltdienstleistungen im Vergleich zur Gesamtwirtschaft entwickelt. Dazu kann auf die Frage zu den Beschäftigungserwartungen im IAB-Betriebspanel zurückgegriffen werden. Von den Befragten ist zu erwarten, dass sich die Umweltschutzbetriebe im Vergleich zu den übrigen Betrieben in bezug auf die Personalentwicklung bis zum Jahre 2004 etwas dynamischer entwickeln (Abb. 2). Bei den Betrieben im Umweltschutz gaben knapp 30 gegenüber 23 Prozent bei den übrigen Betrieben einen steigenden Personalbedarf an.

Zwischen den einzelnen Umweltbereichen bestehen jedoch große Unterschiede im Hinblick auf die Beschäftigungserwartungen. So gaben 51 Prozent der Betriebe in der Mess-, Analyse- und Regeltechnik einen wachsenden Personalbestand bis 2004 an. Ähnliche Werte zeigen sich bei der Analytik/Beratung (46 %) oder der Umweltforschung und Entwicklung mit sogar 95 Prozent, was auf eine wachsende Bedeutung des integrierten Umweltschutzes zumindest in diesen Bereichen hindeutet. Der Bereich Luftreinhaltung wird dagegen relativ an Bedeutung verlieren. Ein Grund dafür kann sein, dass die Luftreinhaltung, der Gewässerschutz und die Abfallwirtschaft die Wachstumsbereiche der vergangenen Jahrzehnte waren, so dass schon eine umfangreiche und moderne Infrastruktur vorhanden ist. In diesem Zusammenhang ist beispielsweise die mittlerweile gute Ausstattung der neuen Bundesländer mit Kläranlagen zu erwähnen.

  Abb. 1: Beschäftigte nach Umweltschutzbereichen im Jahr 1998

Abb. 1: Beschäftigte nach Umweltschutzbereichen im Jahr 1998

  Abb. 2: Erwartete Beschäftigungsentwicklung bis zum Jahr 2004

Abb. 2: Erwartete Beschäftigungsentwicklung bis zum Jahr 2004 

Qualifikation und Fachkräftebedarf

Der Vergleich zwischen den Umweltschutzbetrieben und den übrigen Betrieben zeigt für den Umweltschutzsektor relativ höhere Anteile für Facharbeiter und Angestellte bzw. Beamte in qualifizierten Tätigkeiten. Differenziert man wiederum nach einzelnen Umweltschutzbereichen, zeigen sich deutliche Unterschiede in der Qualifikationsstruktur. So ergibt sich ein hoher Anteil der qualifizierten Angestellten in der Mess-, Analyse- und Regeltechnik, Umweltberatung bzw. -forschung, also in Bereichen, in denen für die Zukunft auch eine hohe Entwicklungsdynamik erwartet wird.

In der Umweltschutzbranche zeigen sich im Vergleich zu den übrigen Betrieben deutlich mehr Personalprobleme. In höherem Grad als sonst sehen die Betriebe einen Mangel an Nachwuchs und auch an Fachkräften. Daher besteht für die Zukunft ein hoher akademischer und außerakademischer Qualifizierungsbedarf. Der Bedarf betrifft dabei nicht unbedingt genuin in Umweltberufen ausgebildete Personen. Es handelt sich, wie durch eine Auswertung nach Branchen gezeigt werden kann, auch um einen Bedarf an IT-Spezialisten. Nach Auskunft der Betriebe ist es für die Branchen Chemische Industrie, Maschinenbau, Verkehr- und Nachrichtenübermittlung und Elektrotechnik überdurchschnittlich schwierig, Fachkräfte zu bekommen. Hier handelt es sich in hohem Maße um Branchen, die IT-Fachleute benötigen.

Beschäftigungshoffnungen

Grundsätzlich können besondere Hoffnungen auf zusätzliche Beschäftigung vor allem in Sektoren der Ökonomie gesetzt werden, in denen ein schneller technischer Fortschritt auf eine stark reagible ("preiselastische") Güternachfrage trifft. Der technische Fortschritt führt zu Preissenkungen, die bei elastischer Nachfrage zu Umsatz- und (unter bestimmten Umständen ) [2] Beschäftigungssteigerungen zur Konsequenz haben. In dieser Konstellation würde der technische Fortschritt zwar zu einer Verringerung der Arbeitskräftenachfrage führen, die Güternachfrage steigt als Folge des Preisverfalls jedoch so stark, dass insgesamt die Beschäftigung ebenfalls wächst. Die Untersuchung zu den Beschäftigungswirkungen der Umweltproduktion erbringt indirekte Anzeichen für einen solchen Zusammenhang.

Anmerkungen

[1] Eine ausführliche Darstellung der Studie wurde veröffentlicht in: Horbach, J.; Blien, U.; von Hauff, M., 2001: Beschäftigung im Umweltschutzsektor in Deutschland - Eine empirische Analyse auf der Basis des IAB-Betriebspanels. Diskussionspapiere des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle, Nr. 132, Januar 2001. 35 S.

[2] Vgl. hierzu Blien, Horbach, von Hauff in MittAB 1/2000.

Kontakt

Prof. Dr. Michael von Hauff
Universität Kaiserslautern
Postfach 3049, 67653 Kaiserslautern
Tel.: +49 631 205-3763
E-Mail: HauffNdf1∂Sozwi uni-kl de