Thema

Das Potenzial von Drohnen in der Archäologie

Überlegungen zu Chancen und Risiken

Jens Crueger, Digital-Historiker.de, Hügelstraße 15, 28307 Bremen (jens@crueger.info)

Drohnen können in Kombination mit diversen Nutzlasten, etwa Digitalkameras, wertvolle Beiträge zur Dokumentation archäologischer Grabungen und zur Erkundung von Terrain für die archäologische Forschung leisten. Aufgrund der Effizienz und Geschwindigkeit ihrer Datengewinnung, der Möglichkeit schwierige Gelände zu erschließen und ihrer kostengünstigen Anschaffung haben Drohnen das Potenzial, die Archäologie in Richtung eines minimalinvasiven Top-Down-Ansatzes disruptiv zu verändern. Gleichzeitig besteht neben verschiedenen unklaren Rahmenfaktoren das Risiko, dass Drohnen zu einer Bedrohung für das archäologische Kulturerbe werden können.

The potential of drones in archeology

Reflections on opportunities and risks

Drones, in combination with applications such as digital cameras, can make valuable contributions to the documentation of archeological excavations and to low-level remote sensing. Due to their efficiency and speed of data acquisition, their ability to explore difficult terrain, and their low purchase price, drones have the potential to disruptively change archeology towards a minimally invasive top-down approach. At the same time, in addition to various unclear framework factors, there is the risk that drones may become a threat to the archaeological heritage.

Keywords: drone, UAV, archeology, remote sensing, excavation

This is an article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution License CCBY 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/)

TATuP Bd. 27 Nr. 3 (2018), S. 27–31, https://doi.org/10.14512/tatup.27.3.27

Submitted: 21. 07. 2018. Peer reviewed. Accepted: 11. 10. 2018

Drohnen, auch als Unmanned Aerial Vehicles (UAVs) bezeichnet, werden im Bereich der archäologischen Forschung bereits zu vielfältigen Zwecken eingesetzt, etwa zur Aufklärung, für Luftaufnahmen, zur Grabungsdokumentation, Kartierung und Photogrammetrie. Des Weiteren sind mit entsprechender technologischer Ausstattung auch Aufgaben im Denkmalschutz, zur Überwachung und Luftfernerkundung möglich (Gutiérrez und Searcy 2016, S. 6). In der Archäologie wird ihnen sogar die Rolle eines Game Changer zugesprochen, da sie in Kombination mit neuen Methoden und neuer Ausstattung die Möglichkeit zu einer wesentlich effektiveren Datenerfassung im Feld versprechen (ebd., S. 6). Bereits heute dienen UAVs als Plattformen für den Einsatz verschiedener Technologien, an deren Entwicklung Archäologen selbst beteiligt sind und von denen sie sich besondere Fortschritte erwarten (Campana 2017, S. 294). Dieses Technikoptimismus’ eingedenk werden im Folgenden einige der Einsatzmöglichkeiten von Drohnen in der Archäologie hinsichtlich ihres innovativen und disruptiven Potenzials sowie ihrer Risiken näher beleuchtet. Dabei nimmt dieser Aufsatz die Perspektive einer Critical Digital Archaeology ein, um bei aller Begeisterung für die Möglichkeiten des technisch Leistbaren, gleichwohl einen „slightly more cautious approach“ zu wählen (Cruz 2014, S. 111).

Ein Grundproblem archäologischer Datenerhebung begründet sich aus dem trivial anmutenden Umstand, dass ein Großteil ihrer benötigten Informationen in Form kultureller Artefakte und deren unmittelbaren Kontextes in älteren Erdschichten verborgen liegt, weshalb die Auffindung, Dokumentation und Sicherung dieser Funde und Befunde Gegenstand großer methodischer Sorgfalt sind. Im Rahmen archäologischer Grabungen sind Drohnen zur fotografischen Dokumentation bereits gut erprobt, wobei sie in einem Höhenbereich zwischen 2 und 100 Metern eingesetzt werden, um Foto- oder Videoaufnahmen anzufertigen (Bofinger und Steffen 2014, S. 110). Sie ersetzen auf diese Weise Fotoleitern und Drehleitern bzw. Hubsteiger (Abb. 1). Eine weitere wichtige Aufgabe kommt Drohnen bei der möglichst umfänglichen Analyse der noch intakten Bodenoberfläche zu, die mittels Bodenprospektion auf Überreste früherer Kulturen untersucht wird.

Abb. 1: Fotografische Dokumentation einer Grabung in Bremen-Kirchhuchting, aufgenommen mit einer Phantom 3 Advanced Flugdrohne und dji-Kamera. Quelle: Landesarchäologie Bremen

Effizienz, Geschwindigkeit und Reichweite

In ihrer Funktion der Dokumentation von archäologischen Grabungen reihen sich moderne UAVs in einen langen technologischen Pfad ein, dessen Ziel eine möglichst akkurate bildliche Grabungsdokumentation aus erhöhter Perspektive war und ist, auf deren Grundlage sich mittels photogrammetrischer Verfahren maßhaltige Grabungspläne erlangen lassen (Reinhard 2013, S. 177). Dieser technologische Pfad begann bei simplen Leitern, führte über Drachen, hölzerne Gerüste und Stativkonstruktionen bis hin zu modernen Drehleitern, Hubarbeitsbühnen, Fototürmen und Teleskopmasten. Dabei lässt sich ein technologischer Teilpfad herauslesen, der „unbemannte fliegende Kameraplattformen“ nutzte, etwa mithilfe vom Ballonen, Luftschiffen, Drachen, Helikites oder ferngesteuerten Flugmodellen (ebd., S. 177). UAVs bilden mithin ein weiteres logisches Glied dieser technologischen Kette. Sie erhöhen den Grad der epistemischen Präzision und bedeuten zugleich einen erheblichen Zugewinn an Effizienz und Geschwindigkeit, denn sie beschleunigen die Erledigung der Aufgabe um das bis zu Achtfache (Koltermann et al. 2014, S. 236). Hinzu kommt ihre Flexibilität im Einsatz, die sie wesentlich von anderen Trägertechnologien wie Flugzeugen oder gar Satelliten abhebt. Auch die vollständige Kontrollier- und Steuerbarkeit durch die ArchäologInnen selbst macht sie zu einem effektiven Werkzeug (Campana 2017, S. 293). Diese Effektivität in der archäologischen Feldarbeit ist als grundsätzliches Charakteristikum digitaler Werkzeuge bereits mehrfach beschrieben und kaum kritisiert worden (Daly und Evans 2006, S. 4). Dabei liegt gerade darin ein Segen, der zugleich Risiken birgt.

Drohnentechnologie verspricht eine deutliche qualitative Verbesserung der Grabungsarbeit: Es werden während der Grabung Zeitressourcen freigesetzt, da das Grabungsteam von fotografischem Dokumentationsaufwand entlastet wird. Drohnen ermöglichen dabei zugleich eine höhere Frequenz von Aufnahmen, so dass das Grabungsgeschehen umfassender dokumentiert werden kann. Flächen können viel besser und schneller als bislang bildtechnisch erfasst werden, es können größere Gebiete problemlos erschlossen werden, und in der Kombination mit moderner Kameratechnologie lassen sich Daten in einem Umfang und einer Qualität sammeln, die als 3-D-Modelle dank entsprechender Verarbeitungs- und Visualisierungssoftware ein großes epistemisches Potenzial bergen. Feldversuche deuten darauf hin, dass diese kostengünstige und zeiteffiziente Form der Sammlung von 3-D-Geländedaten nicht nur zu Zwecken der Dokumentation genutzt werden kann. Bei geeignetem Gelände mit niedriger Vegetation werden Ergebnisse erzielt, die qualitativ auch mit modernen terrestrischen Scannern konkurrenzfähig sind, obgleich diese wesentlich teurer in der Anschaffung und zeitaufwändiger in der Nutzung sind. So stellt Vuković (2016, S. 52) fest: „low altitude photographs and first person video (FPV) can be used for documentational purposes as well as for remote sensing, especially when a certain area is suspected to have cropmarks or soilmarks“. Dadurch weitet sich das Anwendungsfeld für Drohnen in der Archäologie erheblich, denn es bedeutet nicht nur eine Fortsetzung des bekannten Technologiepfades der fotografischen Dokumentation aus geringer Höhe, sondern es erweitert das Nutzungsfeld hinein in die Bodenprospektion.

Drohnen mit geeigneter Kompaktkamera und 3-D-Software liefern dafür bereits bei heutigem technischen Stand qualitativ wertvolle Ergebnisse (ebd.). Allerdings sind Einschränkungen bezüglich der Reichweite und Flugdauer zu machen, insbesondere in Ländern, in denen nur ein Flug im Sichtbereich gesetzlich zulässig ist. Diese drohnengestützte Bodenprospektion mittels Foto-, aber ebenso Laser-, Radar- oder weiterer Technologien zur Fernerkundung (remote sensing technologies) ist hinsichtlich des erzielbaren Effizienzgewinns, aber auch des Zugewinns an Anwendungsmöglichkeiten, als geradezu disruptiv einzuschätzen. So haben Feldversuche bereits gezeigt, dass der drohnengestützte Einsatz eines LiDAR-Scanners bewaldetes Gelände wesentlich besser erfassen kann, als dies in der Vergangenheit möglich war. Es offenbart sich etwa am Beispiel der Mittelmeerregion, dass hier in der Vergangenheit die vegetationsärmere Flachlandregion im Mittelpunkt archäologischer Forschung stand. Die deutlich stärker von Vegetation und auch von Bewaldung geprägten Hochlandregionen hingegen lassen sich mit gängigen landschaftsarchäologischen Methoden schlecht erfassen und stellen deshalb bislang eine methodisch bedingte Forschungslücke dar (Campana 2016, Folie 42). So kann mittels entsprechend ausgerüsteter Drohnen eine Ausweitung der methodischen Reichweite in schwierigem, vegetationsreichem Gelände gelingen und der bisherige blinde Fleck in der Landschaftsarchäologie aufgehellt werden (ebd., Folie 54).

Als Unsicherheitsfaktor sollte jedoch angemerkt werden, dass die Frage, wo zivile Drohnen zum Einsatz kommen können, auch eine politisch-regulative Dimension besitzt. Bereits heute gibt es aus verschiedenen Sicherheitsaspekten heraus begründete Einschränkungen der freien Nutzung von UAVs, etwa in der Nähe von Flughäfen oder militärischen Sicherheitszonen, die für den Einzelfall die Einholung einer Genehmigung erforderlich machen (Deutsche Flugsicherung o. J.). Unabhängig von der im April 2017 in Kraft getretenen Drohnenverordnung (DBR 2017) bleibt offen, inwiefern bei mittel- und langfristig zu erwartendem deutlichen Anstieg an Drohnenflügen eventuell schärfere Bestimmungen getroffen werden. Der geographische Gegenstandsbereich der verschiedenen archäologischen Disziplinen bringt es mit sich, dass nicht nur die Rechtslage in Deutschland relevant ist, sondern bei Grabungen im Ausland die dort jeweils geltenden Regeln. In den USA beispielsweise ergibt sich angesichts der Rechtslage zur Nutzung von Drohnen für gewerbliche Zwecke bereits heute die Situation, dass Wissenschaftler durch die ungünstigen rechtlichen Vorgaben von der Entwicklung neuer Methoden und Werkzeuge für die Drohnennutzung abgehalten wurden (Searcy 2016, S. 43). In jedem Fall bedeuten territoriale Einschränkungen des Drohnenflugs für eine Archäologie, die zur Bodenprospektion und damit zur Lokalisierung neuer Grabungsplätze zunehmend auf Luftbilder aus dem Drohnenflug setzt, eine Verzerrung ihres Aufmerksamkeitshorizontes und die Entstehung neuer blinder Flecken. Dort, wo Drohnen ungehindert eingesetzt werden können, stehen die Chancen für die Auffindung neuer archäologischer Fundorte mithin besser als dort, wo dies aus regulativen Gründen verwehrt bleibt.

Minimalinvasivität und Forschungsethik

Neben der Steigerung von Effizienz, Geschwindigkeit und Reichweite stellen Drohnen auch einen Treiber für einen neuen Ansatz minimalinvasiver archäologischer Feldforschung dar. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Etablierung von Methoden der Fernerkundung wie Satelliten- und Flugzeugbilder (Agapiou und Lysansdrou 2015), haben Hunt und Lipo (2008) auf die Bedeutung daraus gewonnener Erkenntnisse für die Erreichung des Ziels einer Conservation Ethic hingewiesen. Letztere verstehen die Autoren als das Paradigma „to minimize damage to the archaeological record whenever possible“ (ebd., S. 5). In diesem Zusammenhang definieren die Autoren den „top-down approach“ bzw. die „top-down archaeology“, derzufolge eine Forschungsstrategie in ihrem methodischen Vorgehen zunächst mit der Methodik zu beginnen habe, die bei größtem Betrachtungsrahmen zugleich das geringste invasive Potenzial aufweise, namentlich bei Satellitenbildern. Zur Gewinnung weiterer, kleinteiligerer Daten seien nachfolgend die Methoden mit kleinerem Rahmen und geringer Invasivität anzuwenden: von mit Flugzeugen und Ballons gewonnenen Luftbildern und Kitefotografien bis hin zu Geländebegehungen. Schließlich führe diese Methodenkaskade dann zur Methode mit dem kleinsten Rahmen und der größten Invasivität, nämlich der physischen Grabung (ebd., S. 5 f.).

Dahinter steht die Hoffnung, mittels der verschiedenen bildgebenden und zugleich nicht-invasiven Verfahren derart viele aufschlussreiche Daten über Landschaft und konkrete Einzelorte zu gewinnen, dass am Ende nur noch sporadische Grabungen zur Bergung einzelner Artefakte oder messbarer Ionen nötig sind. Spielten Drohnen bei Hunt und Lipo im Jahr 2008 noch keine Rolle, so sehen dieselben Autoren drohnengestützte Remote-Sensing-Technologien mittlerweile als wesentliches Instrument zur Realisierung der Conservation Ethic an (Wechsler et al. 2016, S. 42). Das neue archäologische Forschungsparadigma im Drohnenzeitalter lautet somit, die Gewinnung möglichst vieler relevanter Daten bei möglichst geringer physischer Zerstörung zu erreichen. Leistbar scheint dies mittels eines möglichst großen Anteils an luftgestützter Erkundung bei einem möglichst geringen Anteil an physischer Grabung.

Bildgebende und zugleich nicht-invasive Verfahren mit Drohnen vermitteln die Hoffnung, dass nur noch sporadische Grabungen nötig werden.

Sollte sich dieses Paradigma durchsetzen, so könnte es über die Normalwissenschaft hinausreichen und den Stellenwert einer wissenschaftlichen Revolution erlangen. Nach Thomas S. Kuhn wird der Übergang von alter zu neuer Wissenschaft durch eine Phase der Inkommensurabilität gekennzeichnet, d. h. durch die Verschiebung jenes Problembereichs, der vom Fach als notwendiger- und legitimer Weise zu bearbeiten ist (Hoyningen-Huene 1989, S. 203 f.). Die Etablierung von Drohnen als Werkzeug der Archäologie in Verbindung mit der Verlagerung des Erkenntnisinteresses hin zur Minimalinvasivität kann als Inkommensurabilität gedeutet werden. In eine ähnliche Richtung argumentieren Roosevelt et al. (2015, S. 342), die in der Verschiebung hin zu einer digitalen Kultur in der Archäologie ein neues Paradigma archäologischer Praxis erkennen, das sich „beyond the concept of excavation as destruction to one of excavation as digitization“ bewege, bis hin zu der Frage nach der Notwendigkeit „for physically defined excavation areas themselves“.

Bereits heute liegen der archäologischen Forschung in Deutschland große Mengen kaum verarbeiteter Rohdaten in Form von Artefakten aus Jahrzehnten der Grabungstätigkeit vor, die allenfalls gelagert, aber kaum bearbeitet werden können. Mittlerweile etabliert sich für diesen Umstand der Begriff der Massendinghaltung, der im Kontext des Material Turns verhandelt wird (Hofmann et al. 2016). Angesichts dieses Überangebotes nicht oder kaum erschlossener archäologischer Funde in den Depots der Forschungsinstitutionen bedeutet das neue Paradigma keinesfalls eine substantielle Abkehr des Faches von Materialitäten. Ebensowenig droht aus dem Paradigma ein Identitäts- oder Legitimationsdefizit der Archäologie zu erwachsen, im Zuge dessen sich das Selbst- und Fremdbild des Faches als grabender Wissenschaft in Richtung einer „fliegenden“ und „fotografierenden“ Wissenschaft verlagern könnte. Diverse natur- und technikwissenschaftliche Leitmethoden werden in der Archäologie seit den 1950er-Jahren angewendet, angefangen mit der als wissenschaftliche Revolution gehandelten Radiocarbonmethode zur absoluten Datierung organischen Materials (Johnson 1965, S. 762; Wagner 2006, S. 230; Renfrew 2009, S. 121). Diese Ansätze aus den Natur- und Technikwissenschaften reichen mittlerweile über biotische Umweltrekonstruktionen bis zu geoarchäologischen Untersuchungen (Siart et al. 2018, S. 2). Sie werden unter dem Begriff der Archäometrie zusammengefasst und haben sich als Schnittstelle zwischen Naturwissenschaften und Altertumswissenschaften institutionalisiert. Somit ist im Setting der Archäologie mit der Archäometrie bereits ein Rahmen geschaffen, in dem auch digitalgestützte Technologien wie die Drohnenanwendung angebunden werden können, ohne das Selbstverständnis der Archäologie infrage zu stellen.

Raubgrabungen als große Gefahr

Zugleich gibt es neben diesem positiven Potenzial der Drohnen aber auch ein entgegengesetztes Potenzial, das eng mit der Popularisierung von UAVs verbunden ist. Günstige und leicht zu bedienende Multicopter tragen wesentlich zur Verbreitung der Drohnentechnologie innerhalb der archäologischen Praxis bei, was angesichts enger Forschungsbudgets kaum verwundert (Meyer et al. 2016, S. 22). Aufgrund dieser relativen finanziellen und technologischen Voraussetzungslosigkeit von Drohnen für archäologische Zwecke besteht jedoch die hohe Wahrscheinlichkeit, dass diese Technologie das Interesse an archäologischer Erkundung auch über die Grenzen der Wissenschaft hinaus in neue gesellschaftliche Kreise tragen wird.

In der Geschichte der Archäologie wäre dies kein Novum, lässt sich darin doch regelmäßig der Dualismus von interessierten Laien einerseits und professionellen Wissenschaftlern andererseits erkennen, die jeweils – in teilweise kompliziertem Binnenverhältnis zueinander – mit der Ausübung archäologischer Tätigkeiten befasst waren und es bis heute sind. Ausgehend von ihrem bisherigen technologischen Hauptwerkzeug, dem Metalldetektor, werden die heutigen „Hobbyarchäologen“ als Sondengänger klassifiziert. Ein Blick in deren einschlägige Diskussionsforen im World Wide Web zeigt, dass diese Gruppe die Möglichkeiten günstiger kleiner Drohnen zur Lokalisierung von Fundplätzen mit großem Interesse und bereits seit Jahren verfolgt, ausweislich ihrer Berichte in diesen Foren wird die Drohne zunehmend zu einem Bestandteil ihrer Ausrüstung. Einige der Vorteile, die von Drohnen für die professionelle Archäologie ausgehen, können sich hier potenziell ins Gegenteil verkehren, wenn dadurch nämlich illegale Grabungen erleichtert werden.

Über die Rolle der Sondengänger im Feld der Archäologie ist derzeit innerhalb der deutschsprachigen Wissenschaft, beeinflusst nicht zuletzt durch den partizipativen Geist der Konvention von Faro (Europarat 2005), aber auch durch den Diskurs um Open Science und Citizen Science, eine lebhafte Diskussion entbrannt. Dabei gehen einzelne Positionen wie jene von Huth (2013, 134 f.) so weit, angesichts des „rigorose[n] Vorgehen[s] gegen Sondengänger“ grundsätzlich zu fragen, ob dieses „wirklich sein Ziel erreicht“, schließlich verhindere es „augenscheinlich nicht die Ausbeutung der archäologischen Quellen, sondern führt nur zur Verschleierung eines als illegal gewerteten Treibens“. Huth verweist darauf, dass „die (kooperative, gleichgültige oder abwehrende) Haltung der Archäologen gegenüber den Sondengängern“ entscheidend sei und sich „mit Motivation, Aufklärung und Integration der Sondengänger deutlich mehr“ erreichen lasse, „als durch Ausgrenzung und Kriminalisierung“ (ebd., S. 135). In den Tübinger Thesen zur Archäologie von 2015 lautet denn auch die zweite These: „Die Archäologie sollte Sondengänger zur legalen Kooperation einladen“ (Scherzler und Siegmund 2016, S. 10).

Vor diesem Hintergrund scheint bezüglich der Nutzung von Drohnen durch Laien ein ähnliches Vorgehen ratsam, wie es etwa das Land Nordrhein-Westfalen bei Metalldetektoren gewählt hat: Nach dem Credo „Kaufen ist erlaubt – aber für den Einsatz der Sonde gelten Regeln!“ sollen die Sondengänger in eine Kooperationsbeziehung mit den Behörden der Bodendenkmalpflege gebracht werden (LWL 2017, S. 6). Sondengänger können dort auf Kreisebene eine Erlaubnis zur Begehung bestimmter Flächen beantragen, die an die Erfüllung von Auflagen und Bedingungen gebunden ist, um archäologische Fundorte vor unsachgemäßem Zugriff zu schützen (ebd., S. 29). Solcher denkbaren legalen Möglichkeiten zum Trotz begünstigt jedoch die hohe Mobilität der Drohnen deren unerlaubte Anwendung sehr und erschwert zugleich eine wirksame Kontrolle und Einhegung dieses Phänomens. Insbesondere im globalen Kontext gedacht steht daher zu befürchten, dass die für die wissenschaftliche Praxis so segensreiche Drohnentechnologie für den Schutz archäologischer Stätten eine massive Gefahr darstellt.

Fazit

Es ist zu erwarten, dass durch die Nutzung von Drohnen in Kombination mit bildgebender Technologie künftig deutlich mehr archäologisch wertvolle Informationen mittels des Top-Down-Ansatzes gewonnen werden können. Die Vorteile dessen liegen auf der Hand: Neben dem großen Zugewinn an Effizienz und Geschwindigkeit stellt die Möglichkeit, größere Landschaftsbereiche und schwieriges Gelände gut zu erschließen, eine deutliche arbeitstechnische Erleichterung sowie einen maßgeblichen methodischen Fortschritt für die Forschung dar. Darüber hinaus birgt dieser Forschungsansatz das disruptive Potenzial, deutlich mehr relevante Daten auf minimalinvasive Weise per drohnengestützter Fernerkundung gewinnen zu können, wodurch sich die Notwendigkeit für aufwendige Grabungen mit den dabei unvermeidlichen Zerstörungen reduziert. Da jedoch zugleich davon auszugehen ist, dass Sondengänger und Schatzjäger von derselben, teilweise sehr kostengünstigen Drohnentechnologie zur Lokalisierung von Fundorten Gebrauch machen werden, droht eine Zunahme von Zerstörungen wertvoller archäologischer Stätten durch illegale Grabungen. Rechtliche Vorgaben werden dies nur bedingt einhegen können, insbesondere in globaler Perspektive droht durch die Drohnentechnologie eine Zunahme an Raubgrabungen. Im Hinblick auf die Schwierigkeiten US-amerikanischer Archäologen mit den dortigen gesetzlichen Vorgaben ist eine Beteiligung des Faches am regulatorischen Diskurs über die Drohnennutzung in jedem Fall dringend ratsam.

Literatur

Agapiou, Athos; Lysandrou, Vasiliki (2015): Remote sensing archaeology. Tracking and mapping evolution in European scientific literature from 1999 to 2015. In: Journal of Archaeological Science Reports 4, S. 192–200.

Bofinger, Jörg; Steffen, Christoph (2014): Die fliegende Kamera. Neue Methoden der archäologischen Fotodokumentation aus der Luft. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg 43 (2), S. 108–112.

DBR – Deutsche Bundesregierung (2017): Verordnung zur Regelung des Betriebs von unbemannten Fluggeräten vom 30. März 2017. Online verfügbar unter https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/LF/verordnung-zur-regelung-des-betriebs-von-unbemannten-fluggeraeten.pdf?__blob=publicationFile, zuletzt geprüft am 16. 10. 2018.

Campana, Stefano (2016): Expanding the boundaries of aerial archaeology. From balloons to drones. Vortrag auf 2nd International Conference of Aerial Archaeology. Rom, Italien, 03.–05. 02. 2016, 58 Folien.

Campana, Stefano (2017): Drones in archaeology. State-of-the-art and future perspectives. In: Archaeological Prospection 24, S. 275–296.

Cruz, Veronica (2014): Preservation and collaboration. Going digital in archaeology. In: Undergraduate Research Journal 14, S. 111–123.

Daly, Patrick; Evans, Thomas (2006): Introduction. Archaeological theory and digital pasts. In: Dies. (Hg.): Digital archaeology. Bridging method and theory. London: Routledge, S. 2–7.

Deutsche Flugsicherung (o. J.): Drohnen in Flughafennähe. Online verfügbar unter https://www.dfs.de/dfs_homepage/de/Drohnenflug/Regeln/Drohnen%20in%20Flughafennähe, zuletzt geprüft am 20. 06. 2018.

Europarat (2005): Rahmenkonvention über den Wert des Kulturerbes für die Gesellschaft. Online verfügbar unter http://www.dnk.de/_uploads/media/184_2005_Europarat_Rahmenkonvention.pdf, zuletzt geprüft 11. 10. 2018.

Gutiérrez, Gerardo; Searcy, Michael (2016): Introduction to the UAV special edition. In: The SAA Archaeological Record, Special Issue Drones in Archaeology 16 (2), S. 6–9.

Hofmann, Kerstin; Meier, Thomas; Mölders, Doreen; Schreiber, Stefan (Hg.) (2016): Massendinghaltung in der Archäologie. Der material turn und die Ur- und Frühgeschichte. Leiden: Sidestone Press.

Hoyningen-Huene, Paul (1989): Die Wissenschaftsphilosophie Thomas S. Kuhns. Rekonstruktion und Grundlagenprobleme. Wiesbaden: Springer Fachmedien.

Hunt, Terry; Lipo, Carl (2008): Top-down archaeology. High resolution satellite images of Rapa Nui on Google EarthTM. In: Rapa Nui Journal 22 (1), S. 5–13.

Huth, Christoph (2013): Vom rechten Umgang mit Sondengängern. Das „Portable Antiquities Scheme“ in England und Wales und seine Folgen. In: Archäologische Informationen 36, S. 129–137.

Johnson, Frederick (1965): The impact of radiocarbon dating upon archaeology. In: Roy Chatters und Edwin Olson (Hg.): Proceedings of the sixth International Conference Radiocarbon and Tritium Dating. Held at Washington State University, Pullmann, Washington, June 7–11, 1965. Washington: U. S. Atomic Energy Commission, Division of Technical Information, S. 762–784.

Koltermann, Grit; Plein, Irene; Prier, Linda (2014): Ein „buntes“ Programm. Denkmalreise und Tag des offenen Denkmals 2014. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg 4, S. 234–241.

LWL – Landschaftsverband Westfalen-Lippe-Archäologie für Westfalen (Red.) (2017): Sondengänger und Archäologie. Die Rechtslage in NRW. o. O.

Meyer, Dominique et al. (2016): Utility of low-cost drones to generate 3D models of archaeological sites from multisensor data. In: The SAA Archaeological Record, Special Issue Drones in Archaeology 03, S. 22–24.

Reinhard, Jochen (2013): Structure from Motion, Drohnen & Co. Neue Wege in der Dokumentation archäologischer Ausgrabungen. In: TUGIUM 29, S. 177–188.

Renfrew, Colin (2009): Archaeology introduction. In: RADIOCARBON 51 (1), S. 121–122.

Roosevelt, Christopher; Cobb, Peter; Moss, Emanuel; Olson, Brandon; Ünlüsoy, Sinan (2015): Excavation is destruction digitization. Advances in archaeological practice. In: Journal of Field Archaeology 40 (3), S. 325–346.

Scherzler, Diane; Siegmund, Frank (Red.) (2016): Tübinger Thesen zur Archäologie. In: Archäologische Informationen 39, S. 9–11.

Searcy, Michael (2016): Dealing with legal uncertainty in the use of UAVs in the United States. In: The SAA Archaeological Record, Special Issue Drones in Archaeology 03, S. 43–45.

Siart, Christoph; Forbiger, Markus; Bubenzer, Olaf (2018): Digital geoarchaeology. Bridging the gap between archaeology, geosciences and computer sciences. In: Dies. (Hg.): Digital geoarchaeology. New techniques for interdisciplinary human-environmental research. Heidelberg: Springer, S. 1–7.

Vuković, Miroslav (2016): Low-cost rotor based UAV as a versatile tool for archeological documentation and remote sensing. Vortrag auf der 2nd International Conference of Aerial Archaeology. Rom, Italien, 03.–05. 02. 2016, Konferenz-Abstracts.

Wechsler, Suzanne; Lipo, Carl; Lee, Chris; Hunt, Terry (2016): Technology in the skies. Benefits of commercial UAS for archaeological applications. In: The SAA Archaeological Record, Special Issue Drones in Archaeology 03, S. 36–42.

Wagner, Günther (2006): Wolfgang Gentner. Nestor der Archäometrie. In: Dieter Hoffmann (Hg.): Wolfgang Gentner. Festschrift zum 100. Geburtstag. Berlin: Springer, S. 225–238.

Autoren

Jens Crueger

ist seit 2012 als Digital-Historiker u. a. in der Beratung für Archive, Bibliotheken und Museen tätig. Er studierte Geschichte und Soziologie an der Universität Bremen, Schwerpunkt Archäologiegeschichte. Sprecher der Fachgruppe Langzeitarchivierung und Emulation in der Gesellschaft für Informatik (GI), Mitglied im Think Tank 30 des Club of Rome. [Bildquelle: DGUF/Daniel Stotzka]